Rückblick: Theateraufführung “Dunkelziffer”

Lesen Sie hier eine Auswahl von Texten aus dem Programmheft der Aufführungen der S4 (Sattler) im April

DUNKELZIFFER – My body, my choice

Ein Theaterstück über alltäglichen Sexismus und den Mut, sich dagegen zu wehren: Ein Kleid ist kein „ja“. Ein Blick ist keine Einladung. Ein Erfolg ist nicht weniger wert, nur weil er von einer Frau stammt. Warum erzählen wir diese Geschichten? Weil sie immer noch passieren. Sexismus ist kein Thema der Vergangenheit, sondern der Gegenwart. Noch immer fürchten sich Frauen alleine auf dem Heimweg. Noch immer ist es in vielen Unternehmen untypisch, dass Männer Elternzeit nehmen. Noch immer gibt es Länder, in denen häusliche Gewalt nicht angemessen bestraft wird. Noch immer verdienen viele Männer mehr Geld, obwohl sie die gleiche Tätigkeit wie Frauen ausüben.

Doch warum hat sich in der Vergangenheit nichts geändert? Viele stereotypische Denkmuster sind in den Köpfen der Menschen verankert. Strukturen oder Verhaltensweisen, die ein Geschlecht benachteiligen, werden oft gar nicht mehr wahrgenommen. Unterbewusst werden Vorfälle relativiert oder als „Einzelfall“ abgetan.

Dunkelziffer bringt diese unbequemen Wahrheiten auf die Bühne. In mehreren Szenen, inspiriert von wahren Begebenheiten und fiktiven Geschichten, zeigen wir, wie stark sich Ungleichheit in unserer Gesellschaft festgesetzt hat.
Egal, ob es um die ungleiche Behandlung von Männern und Frauen bei der Arbeit oder die typische Rollenkonstellation in einer Beziehung geht. Wir erzählen diese Geschichten, weil sie gehört werden müssen. Weil wir zu lange weggeguckt haben. Weil weiterhin zu viele unter diesen Strukturen leiden.

Bist du bereit?

Paula Dreyer

Manche flüstern, andere schweigen. Doch die Zahlen sprechen laut! Sexismus ist kein Einzelfall, sondern Alltag. Oft überhört, oft unsichtbar. Die Hand auf dem Oberschenkel in der Bahn, nach der sie nicht gefragt hat. Der Kommentar am Arbeitsplatz, der nichts mit Qualifikation zu tun hat. Das „NEIN“, welches einfach überhört wurde. Die Dunkelziffer ist viel höher, als Statistiken zeigen könnten. Sie will einfach Spaß mit ihren Freundinnen im Club haben, doch der Abend
kippt schnell. Männer, die ihre Hände nicht bei sich lassen können. Blicke, die etwas einfordern, was nie versprochen wurde. Dann kommen die Fragen: „Was hattest du denn an?“ – „Was hast du für Signale gesendet?“ Doch warum sollen sich die Opfer ändern und nicht die Täter? Warum werden Männer belächelt, wenn sie das Opfer werden? Es wird von ihnen erwartet, dass sie stark sind, alles aushalten und schweigen. Sexismus trifft jeden anders, doch immer tief. Als verpasste Chance, als Ungerechtigkeit, oder Missbrauch.
Doch was ist, wenn wir hinhören? Wir nicht nur sehen, sondern auch verstehen? Wenn wir nicht nur über Ungerechtigkeit sprechen, sondern sie auch verändern? Die Dunkelziffer ist hoch, doch sie muss nicht unsichtbar bleiben!

Juliana Stein

Ich sehe was, was du nicht siehst auch sehen solltest!

Wenn ich so durch die Straßen gehe
Off’ne Aufen, off’ne Ohren
Was ich alles um mich sehe…
Ist Moral denn schon verloren?
Was mir auffällt, willst du wissen?
Bemerkt hast du es bestimmt auch
Uns‘re Gesellschaft so zerrissen
Leere Versprechen, Schall und Rauch
Gesetzlich sind wir alle gleich
Doch nehmen wir das so genau?
Ich spreche nicht von Arm und Reich
Hier geht es um Mann und Frau

Man sollte meinen, in unserer Zeit spiele das Geschlecht kaum noch eine Rolle, dass wir jetzt eine ausgewogene und fortschrittliche Gesellschaft seien. Dabei wird ein großes Leiden übersehen oder will nicht gesehen werden. Denn was sehe ich nun, wenn ich einfach durch die Straßen gehe? Ich sehe Belästigung verbaler und physischer Natur, am helllichten Tage. Was sehe ich im Management-Meeting auf der Arbeit? Einen Haufen Männer und kaum eine Frau. Was sehe ich nicht hinter verschlossenen Türen und zugezogenen Vorhängen meiner Nachbarn? Gewalt und Misshandlung. Es ist wahr, dass wir seit über 20 Jahren von einer gesetzlichen Gleichberechtigung der Geschlechter sprechen können, historisch gesehen ein großer Durchbruch. In der Realität geschieht jedoch noch zu viel Unrecht, zu viel Sexismus hinter diesen “zugezogenen Vorhängen”.

Nicht mit uns! Wir sagen: “Vorhang auf!” Wir sind der Theaterkurs 2 der S4 am Gymnasium Oberalster und mit unserem Stück Dunkelziffer stellen wir die Probleme und dieses große Unrecht ganz entschieden direkt ins Rampenlicht, denn es ist falsch, sich abzuwenden. In mehreren individuellen Szenen stellen wir Sexismus in den verschiedensten Formen dar und wollen dazu animieren, aufmerksamer zu werden: Off’ne Augen, off’ne Ohren.

Sinje Friedrichs